Malik* erscheint 2019 auf dem Radar von fedpol. fedpol vermutet, dass Malik sich in radikalisierten Kreisen bewegt. Er behauptet, er habe nur eine Nebenrolle, sei ein Mitläufer. fedpol sieht das anders: Malik sei eine Schlüsselfigur bei der Verbreitung von IS-Propaganda, insbesondere im Cyberraum.
Winterthur, 2019: Ein Treffen unter Bekannten in einem Freizeitraum. Die Besucher des Freizeitraumes erweisen sich als durchaus interessant für fedpol. Es bestehen Indizien dafür, dass die Besucher radikales Gedankengut austauschen, verbotenes Propagandamaterial verteilen. Gegen einige davon laufen noch immer Verfahren, wegen Unterstützung von Al-Qaida und des Islamischen Staats.
fedpol hat Hinweise dafür, dass vor allem Malik für das Propagandamaterial zuständig ist; er kennt sich aus mit IT-Programmen. Videos schneiden, Bildmaterial bearbeiten, Logos einfügen – das fällt ihm leicht. Solche Fähigkeiten sind von Nutzen, um IS- und Al-Qaida-Inhalte salonfähig zu machen. Malik scheint viel Zeit in seine Produkte zu investieren. Es bestehen Indizien dafür, dass er sogar seine eigene «Medienagentur» gründete und seine Kommunikationsinhalte auf den sozialen Medien, unter anderem auf Instagram, Telegramm und YouTube verbreitete.
Auf seine Inhalte aufmerksam wurde auch die österreichische Polizei; gemäss polizeilichen Erkenntnissen durch Naima*. Die österreichischen Kollegen verhaften 2019 die damals Minderjährige und verhindern so, dass sie in den Dschihad reist, nach Syrien. Es besteht der Verdacht, dass Naima in ihrem Wunsch, nach Syrien zu reisen, von keinem geringeren als Malik bestärkt wurde.
fedpol und die österreichische Polizei wollen herausfinden, woher sich Naima und Malik kennen. Gemeinsame Freunde haben sie keine. In Persona getroffen haben sich die beiden noch nie. Auch nicht notwendig, denn ein Algorithmus brachte die beiden offenbar zusammen: Naima wurden Maliks Propagandainhalte auf Instagram aufgrund von gemeinsamen Interessen empfohlen.
Nach Naimas Verhaftung klicken wenig später auch in der Schweiz die Handschellen: Malik wird festgenommen. Die Erfahrung zeigt: Das Mädchen ist kein Einzelfall.
Stopp der Radikalisierung
Ende 2022 wurde der neue Nationale Aktionsplan (NAP) gegen Radikalisierung und gewalttätigen Extremismus verabschiedet – unter der Leitung des Sicherheitsverbundes Schweiz und in Zusammenarbeit mit fedpol, dem Nachrichtendienst des Bundes und der Kantone. Der neue NAP (2023 bis 2027) richtet sich gegen alle Formen der Radikalisierung. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Prävention der Radikalisierung von jungen Menschen und dem kritischen Umgang mit dem Internet und Social Media. Das Ziel der verabschiedeten Massnahmen: Radikalisierte Personen an einer Gewalttat hindern und möglichst rasch in eine liberal geprägte Gesellschaft reintegrieren.
2022 klagt die Bundesanwaltschaft Malik an. Nicht nur wegen der Verbreitung von verbotenem Propagandamaterial. Ihm wird unter anderem auch noch vorgeworfen, auf einer Spendenplattform Geld gesammelt zu haben, um es IS-Exponenten in einem Gefangenenlager in Syrien zukommen zu lassen. Die Spendengelder sollten ihnen die Flucht aus dem Lager ermöglichen.
Mitte 2023 beginnt Maliks Verhandlungsprozess. Das Urteil wird folgen. Bis dahin gilt die Unschuldsvermutung.
*Namen geändert