Nach der Testsprengung sieht es aus wie in einem Actionfilm: Verwüstung, Zerstörung.

Es knallt

In der Schweiz wird im Durchschnitt ein Geldautomaten-Angriff pro Woche verübt. Die Täter gehen brachial und skrupellos vor. Die Gefahr für Einsatzkräfte und unbeteiligte Dritte ist gross.

Der Weg zum nächsten Geldautomaten ist kurz: In der Schweiz sind 7000 davon in Betrieb. In ländlichen Gebieten sind sie oft freistehend oder in Wohnblöcken eingebaut.

Die Dichte der Geldautomaten ist zweifellos hoch. Die Schweiz weist – unter anderen mit den Nachbarn Deutschland und Österreich – eine der höchsten Dichten in Europa auf. Rund 1000 Geldautomaten stehen in der Schweiz einer Million Einwohnerinnen zur Verfügung – anders gerechnet: 1 Geldautomat für 1000 Einwohner. Weiter attraktiv für die Angreifer ist die vorteilhafte Lage der Schweiz: Im Herzen Europas. Die 1935 Kilometer lange Grenze teilt sich die Schweiz mit fünf Ländern. Dazu kommt, dass die Geldautomaten immer gut befüllt sind – die Schweiz ist schliesslich eines der reichsten Länder weltweit. Für transnational agierende Kriminelle sind dies beste Voraussetzungen.

Besonders überraschend ist es daher nicht, dass es in der Schweiz regelmässig knallt: In der Nordwestschweiz, genauer gesagt in deren Grenzregionen, häufiger als anderswo. Die erbeuteten Summen sind beachtlich, teilweise im sechsstelligen Bereich. Für die Banken sind dies enorme Verluste. Es geht aber nicht nur um Sachschaden: Die Angreifer gefährden auch unbeteiligte Dritte und die herbeieilenden Blaulichtorganisationen. Im schlimmsten Fall geht es um Leib und Leben.

Wie gefährlich Geldautomaten-Sprengungen sind und was die Banken dagegen tun können? Das Forensische Institut Zürich (FOR) führte 2022 gemeinsam mit fedpol und Geldautomaten-Herstellern Sprengversuche durch, um Antworten darauf zu erhalten. Dabei wurden dieselben Sprengstoffe verwendet, die auch von Geldautomatsprengern in der Vergangenheit eingesetzt wurden. Die Täter fixieren jeweils einen oder mehrere Sprengsätze an Geldautomaten, wobei nicht immer alle Sprengladungen wie gewünscht explodieren.

Nicht explodierte Sprengstoffsätze sind wertvoll. Die Überbleibsel liefern wichtige Erkenntnisse: Das FOR kann damit die Zusammensetzung des Sprengstoffs bestimmen und den Aufbau der verwendeten Sprengladung rekonstruieren. Das erlaubt Rückschlüsse auf die agierende Tätergruppierung. Die Kehrseite der Medaille: Nicht explodierte Sprengsätze sind hochgefährlich. Nicht auszudenken, wenn ein solcher Blindgänger in dem Moment explodiert, wo sich die erste Polizeipatrouille, eine Feuerwehrfrau oder ein Passant dem Tatort nähert.

Im Ausland sind die Geldautomaten besser geschützt als in der Schweiz. Wirksame Massnahmen, wie beispielsweise der lückenlose Einsatz von Alarmsystemen und Geldeinfärbesystemen an Geldautomaten im benachbarten Ausland, treiben die Täter in die Schweiz.

Deshalb gilt es zu handeln. Die Umsetzung präventiver Massnahmen ist ein Rennen gegen die Zeit. fedpol analysiert laufend, tauscht sich unter anderem mit nationalen und internationalen Polizeibehörden und Geldautomaten-Herstellern aus und sensibilisiert die Banken.

  • Freistehende Geldautomaten sollen an Risikostandorten aus dem Verkehr gezogen werden.

  • Geldautomaten mit geringerer Befüllung bieten weniger Anreize.

  • Der Einsatz von Farb- oder Klebstoffpatronen macht das Geld nach einem Angriff unbrauchbar.

  • Reduzierte Öffnungszeiten und Nachtschliessungen können Geldautomaten-Angriffe reduzieren.

2021 erklärt fedpol das Phänomen zu einem Schwerpunkt. Seit dann wird nicht nur in der Repression, sondern auch in der Prävention gehandelt. Ein runder Tisch hat Behörden und Private zusammengebracht: Polizeien, Banken, Versicherungen und viele mehr. Das Ziel: Geldautomaten-Angriffe in der Schweiz zu verhindern.